Game Studies - Spielwissenschaften
Spielforschung und Ludologie
Der Begriff "Game Studies" wird im Englischen fast analog zu "Ludology" verwendet. Im deutschen Sprachgebrauch meint die Ludologie jedoch mehr, als nur "Games". Games sind Spiele mit einem Regelwerk, erfundene Ordnungen mit regulatven Ideen. Explorationsspiele, Phantasiespiele, Rollenspiele und Konstruktionsspiele gehören jedoch zur Betrachtung des interdisziplinären Phänomens "Spielen" dazu. In der englichen Sprache werden diese Aspekte durch die Worte "Play" (freies Spiel) und "Toy" (Spielzeug) oder "Gambling" (Glücksspiel) exakter definiert.
Das Studium von Spielen (Boardgames, Comupter- und Videospiele, Mobile Games), die Lehre des Spielens (im Sinne von Play sowie auch von Games), Spielwissenschaften und Spielforschung sind erklärende, ergänzende Begriffe für die Themen der "Game Studies" und für den deutschen Sprachgebrauch umfassender im wissenschaftlichen Gesamtkonzept.
Spielforscher
In Europa begannen die systematischen Überlegungen zu den Fragestellungen der Spielwissenschaften aus dem Sturm und Drang der Aufklärung heraus u.a. mit Martin Ehlers (1732-1800), Friedrich Schiller (1759-1805), Johann C.F. GutsMuths (1759-1839), Heinrich Heine (1797-1856), Julius Schaller (1810-1868) sowie den Psychologen und Philosophen Moritz Lazarus (1824-1903) und Karl Groos (1861-1946) und natürlich den Niederländern und Anthropologen Frederik J.J. Buytendijk (1887-1974) und Johan Huizinga (1872-1945).
Weitere Literatur zu Spieltheorien und spielwissenschaftlichen Perspektiven finden sich: HIER.
Seit der Digitalisierung von Spieleideen, dem Boom von PC-Spielen, Konsolenspielen und Mobile Games sind die zahlreichen Akteure und Kollegen aus den Medien- und Kulturwissenschaften auch auf dem Weg, das dadruch noch vielfältigere Phänomen der Spielforschung zu bereichern.
Es ist ein sehr inter- und transdisziplinäres sowie vielstimmiges Forschungsgebiet der "Game Studies" (oder "Game Sciences") entstanden, das versucht, unter anderem philosophische, kulturwissenschaftliche, medientheoretische, soziologische, pädagogische, psychologische, ökonomische, biologische und technologische Perspektiven zu integrieren.
Involvierte wissenschaftliche Disziplinen
Das Spielen von Spielen, die Spieler an sich, die Kulturen, die sie umgeben und mit denen sich die Spieler im Austausch befinden, durch sie als Medium geprägt werden oder sie durch ihr innovatives Spielverhalten prägen, sind Gegenstand der Kultur- und Medienwissenschaften, aber eben auch der Sozial- und Geisteswissenschaften.
Speziell die Kulturwissenschaften befassen sich mit den zahlreichen Arten von Spielen im Kontext zur Gesellschaftsentwicklung und ihrer Geschichte. Das Forschungsfeld umschließt die Aspekte eines kulturllen Erbes, das mit Hilfe der Soziologie und Psychologie die Gestaltung, das Design des Spieles analysiert und der Rollen, die darin ein Spieler einnehmen kann. Welche Wirkungen ergeben sich daraus für die Persönlichkeitsentwicklung, Charakterbildung und damit für Gesellschaft und Kultur?
Die "Game Studies" werden oft mit dem Studium von Videospielen verwechselt, aber dies ist nur ein Teilbereich. In der ludologischen Realität umfassen die Game Studies alle Arten von Spielen, einschließlich Rollenspiele, Schauspiel, Sportspiele, Musikspiele, Brettspiele usw.
Mittlerweile haben sich eine Reihe von Schwerpunkten in der Spielforschung herausgebildet:
Sozialwissenschaftliche Ansätze untersuchen, wie Spiele in der Gesellschaft funktionieren und wie sie mit der menschlichen Psychologie interagieren. Dabei werden häufig empirische Methoden wie Erhebungen und kontrollierte Laborexperimente verwendet.
Geisteswissenschaftliche Ansätze betonen, wie Spiele Bedeutungen erzeugen und breitere soziale und kulturelle Diskurse reflektieren oder untergraben. Diese verwenden häufig interpretativere Methoden, qualitative Sozialforschung, Textanalysen und Publikumstheorie, Methoden, die mit anderen Mediendisziplinen wie Fernsehen, Filmwissenschaft oder auch der Pädagogik geteilt werden.
Sozial- und geisteswissenschaftliche Ansätze können sich beispielsweise im Fall von ethnografischen oder folkloristischen Studien überschneiden, bei denen die Feldforschung das geduldige Beobachten von Spielen umfassen kann, um ihre sozialen und kulturellen Bedeutungen zu verstehen.
Game Design-Ansätze sind eng mit der kreativen Praxis verbunden und analysieren Spielmechanik und Spielästhetik, um die Entwicklung neuer Spiele zu unterstützen.
Schließlich beziehen sich industrielle und technische Ansätze hauptsächlich auf Computer- und Videospiele und weniger auf Spiele im Allgemeinen und untersuchen Themen wie Computergrafik, Künstliche Intelligenz, Monetarisierung, Game Engines etc.
Überblick über Studiengänge und Forschung
Einen guten Überblick zu den in Deutschland angebotenen Studiengängen, rund um Games, bietet der Gamecampus, eine Website die der game - Verband der deutschen Games-Branche e.V. mit Unterstützung des Instituts für Ludologie entwickelt hat: Website HIER, gamecampus.de.
Forschungsgrundlagen
Analoge Spiele: Lehr- und Forschungssammlung für Brettspiele in Altenburg bei Leipzig mit ihrer Brettspieldatenbank brettspiele.digital sowie
die Datenbank für digitale Spiele: Internationale Comupterspielesammlung (ICS, games-archive.org) in Berlin.
Auswahl an Forschungsprojekten des Instituts für Ludologie: HIER.
Fehlende Anerkennung als wissenschaftliche Disziplin
Wissenschaft soll beobachten, erklären und bei Entscheidungen helfen. Spiele und das Spielen sind jedoch wissenschaftlich bisher nicht als eigenständige Disziplin anerkannt und gebildet worden. Ein so inter- und transdisziplinäres Forschungsfeld, wie die Spielwissenschaften, haben es bisher nicht zur Eigenständiigkeit gebracht. So beschäftigen sich seit Jahrhunderten zahlreiche Disziplinen mit diesem Urphänomen des Menschen, des Lebens und der Natur. Für Spielwissenschaftlerinnen und Spielwissenschaftler ist noch viel zu tun. Die "Game Studies" oder "Game Sciences" sind davon ein wichtiger Teilbereich, der sich schon hervorragend auf den wohl langen Weg gemacht hat.