Am 16. Januar 2024 reiste der Wirtschaftsminister Thüringens, Wolfgang Tiefensee (SPD), von Erfurt nach Altenburg, um den entscheidenden Förderbescheid in Höhe von 14,9 Millionen Euro für das Projekt mitzubringen und an den Oberbürgermeister der Stadt, André Neumann (CDU), zu überreichen.
Die Pressemitteilung des Ministeriums beschreibt das Projekt sehr gut. Der Bedeutung des Spiels für die Menschheitsentwicklung, individuell bei jedem Kleinkind und auch historisch gesehen für die vielfältigen Kulturen weltweit, wird noch immer nicht gesellschaftlich ausreichend Beachtung geschenkt, um das Spiel als Methode für Konfliktlösungen und reale Herausforderungen zu nutzen oder die Wirkungen des Spiels wissenschaftlich fundiert zu erkennen.
Aus dieser Motivation heraus hat das Institut für Ludologie seit 2017 die Idee eines Projektes verfolgt, dass es einen Ort geben müsste, um die Kraft des Spielens ("The Power of Play") erlebbar und nachvollziehbar zu gestalten. Wissenschaftliche Veröffentlichungen in irgendwelchen "wichtigen" Journals können dies allein nicht leisten. Das Ziel kann natürlich auch nicht nur allein mit einer reinen direkten Wissensvermittlung über Objekte wie in einem Museum erfolgen, sondern sollte, wie Spiele es uns lehren, indirekt, mit spielerischer Freude geschehen. Spielen ist Dialog mit der Welt. Für einen Ludologen ist es eine große Freude, wenn die Politik dieses Urphänomen des Menschseins, des Lebens und der Natur aufgreift. Damit lässt sie dem Spiel eine neue Bedeutung zukommen, versteht, dass Spiel viel mehr ist, als Kinderkram und reine Unterhaltung.
Link zur Pressemitteilung des Ministeriums für Wirtschaft in Thüringen: HIER.
Entwicklung des Projektes Spiele-Erlebniswelt in Altenburg: "Yosephinum"
Wie alles begann? Der Experte für Mediävistik (Spiele im Mittelalter), Dr. habil. Björn Reich lud zu einer Wissenschaftskonferenz vom 20. bis 22. Juli 2017 an die Humboldt Universität ins dortige GameLab ein. Viele namhafte Spielforscher folgten der Einladung. Florian Voß und Jens Junge waren auch dabei. Beide kannten sich bis dahin noch nicht. Florian war der Leiter des Spielkartenmuseums in Altenburg und Jens der Direktor des Instituts für Ludologie in Berlin. Die Einladung von Florian an ihn, mal in Altenburg vorbeizukommen, nahm Jens unverzüglich an. Er hatte es bislang versäumt, sich das Spielkartenmuseum und die Sammlung im dortigen Residenzschloss anzusehen. Das musste nachgeholt werden.
Bei diesem Besuch vor Ort lernten sich dann Dr. Christian Horn, damaliger Leister des Schloss- und Kulturbetriebes und Jens Junge kennen. Altenburg ist gekennzeichnet durch einen gravierenden Bevölkerungsrückgang von 54.000 auf 32.000 Einwohner und die damit verbundenen zahlreichen Immobilienleerstände mit Sanierungsstau im gesamten Stadtbild. Selbst auf dem Schlosshof steht sein vielen Jahren das große Prinzenpalais leer (s. Foto).
Prinzenpalais des Residenzschlosses in Altenburg
So entstand die gemeinsame Idee, aus dem historischen Fundament der Skatstadt mit ihrem Spielkartenmuseum eine Spielestadt machen zu können. So wie mit dem Skatspiel ab 1813 davon geträumt wurde, die Gesellschaft verändern zu wollen, weil der Bube, der Bauer Trumpf angibt und der König, der Feudalherr, nichts mehr zu sagen hat, sollte mit dem Thema Spiel die Kraft beschrieben werden, Veränderungen gestalten zu können. Das Thema Spiel passt ideal zu Altenburg. Der größte private Arbeitgeber in Altenburg ist heute die Firma ASS (Altenburger-Stralsunder-Spielkartenfabrik) von 1765.
Christian Horn, Jens Junge und Florian Voß verfassten einen "Masterplan Spielewelt" für Altenburg, weil vom Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) in Altenburg das Signal kam: Da geht was! Der Minister hatte das Buch von Johan Huizinga "Homo ludens" aus dem Jahre 1938 gelesen. Ihm ist die Bedeutung des Spiels als Kulturfaktor und als möglicher Wirtschaftfaktor bewusst. Das Institut für Ludologie sah die wunderbare Möglichkeit, ein in Deutschland einzigartiges Projekt zu starten und nahm es in seine Forschungs- und Projektaktivitäten mit auf.
Als die Projektfinanzierung möglich erschien, hat der Oberbürgermeister André Neumann (CDU) das Projekt in die Altenburger Innenstadt verlegt. Dort stand seit 1997 das Parlament des ehemaligen Herzogzums Sachsen-Altenburg, das Josephinum, leer. Das Gebäude wurde viele Jahre ebenso als Gymnasium und Schule genutzt. Also auch ein passender Ort sowie ein leeres Gebäude und damit der Start für die Stadt, das Thema Spiel als umfassendes Stadtentwicklungskonzept zu betrachten. Projektbeschreibung und Fotogalerie zum Gebäude: HIER.
Das Josephinum (demnächst "Yosephinum") ragt mit seiner quadratischen Archtiktur und der Kuppel aus den Innenstadtgebäuden neben der Brüderkirche hervor
Umsetzung der Projektidee "Yosephinum - Die Kraft des Spielens"
Florian Voß übergab seine Verantwortung für das Spielkartenmuseum an Toni Janosch Krause, um sich beruflich komplett der Realisierung des Projektes Spiele-Erlebniswelt widmen zu können. The Power of Play benötigte Manpower. Pandemie und der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben auf die Planungskosten gravierende Auswirkungen gehabt. Eine jahrelang nicht stattgefundene Inflation setzte ein, Baukostenplanungen leißen das Projekt von 18 Millionen Euro auf insgesamt 24 Millionen Euro hochschnellen. Zur Sicherung des Projektvorhabens musste viel kommuniziert und auf adminstrativem Wege geregelt werden. Zum Start in 2024 hat es nun geklappt. Der Bau kann losgehen, der Förderbescheid ist übergeben. Hier eine Auswahl vom Medienecho:
Link zum Online-Artikel der Süddeutschen Zeitung: HIER.
Die von der Deutschen Presseagentur (dpa) verbreitete Meldung erschien in zahlreichen Medien, in Print und Online.
Link zum Online-Artikel bei ZEIT ONLINE: HIER.
Auch der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) berichtete von der Förderbescheidübergabe in Altenburg. Das Projekt wird die Geschichte des Spielens erlebbar und nachvollziehbar mit ihren vielfältigen Wirkungen darstellen sowie die Zusammenänge und Abhängigkeiten von analogen und digitalen Spielformen verdeutlichen.
Link zum Online-Artikel und Filmbeitrag beim MDR: HIER.
Die Website des Yosephinums ging am 20.03.2024 online:
Link zu yosephinum.de mit dem Video: "Was ist das Yosephinum?"
Erklärvideo bei Youtube:
Link zu Youtube: HIER.