Spielmechanik von Fortnite
Beim Videospiel Fortnite, das zum Battle-Royale-Genre gehört, landen Spieler auf einer Insel. Dort angekommen heißt es Waffen zu sammeln, Konstrukte zu bauen und Gegenstände für sich nutzbar zu machen. Ziel ist es, alle anderen Spieler auszuschalten und so einen epischen Sieg zu erringen. Intensiviert werden die Kämpfe, weil sich der begehbare Teil der Insel durch einen giftigen Nebel Stück für Stück verkleinert.
Free-to-play (F2P) und trotzdem sehr rentabel
Fortnite kann grundsätzlich kostenlos gespielt werden. Es zählt also zu den sogenannten F2P-Spielen. Gleichzeitig ist es möglich Gegenstände in einem Shop zu kaufen, der im Spiel integriert ist. Diese Gegenstände sind rein kosmetischer Natur. Es kann sich also etwa um ein neues Outfit für den eigenen Charakter, einen besonderen Fallschirm zur Landung auf der Insel oder aber eine Animation, zum Beispiel einen Tanz, handeln.
Diese Gegenstände können nicht direkt durch Echtgeld erworben werden, sondern der Spieler kauft mit Echtgeld zuerst die Fortnite-Währung (V-Bucks), um dann damit im Shop einkaufen gehen zu können.
Auf Basis dieses Geschäftsmodells konnte Fortnite alleine im Jahr 2019 rund 1,6 Milliarden Euro erwirtschaften – und war damit mit großem Abstand das erfolgreichste Computer- und Videospiel des Jahres. [1]
Geschäftsmodellmuster
An der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) wird am Lehrstuhl von Prof. Dr. Georg Stadtmann unter anderem zu den Bereichen Gaming und E-Sport geforscht. Zu den Veröffentlichungen zählen auch einige Beiträge zu Fortnite. [2]
Einer dieser Beiträge ist im Jahr 2020 veröffentlicht worden. In diesem beschäftigen sich Prof. Dr. Georg Stadtmann und Timo Schöber mit den Geschäftsmodellmustern von Fortnite. [3] Die beiden Ökonomen kommen zu spannenden Ergebnissen, die aufzeigen, wie mit F2P-Spielen große Umsätze erzielt werden können.
Hierunter fallen Aspekte wie die Differenzierung von Preisen und Produkten, Aktivitäten im Bereich E-Sport, das Erzeugen von Zeitdruck beim Kauf von Produkten und der "Keeping up with the Joneses Effekt" (Vergleich von Menschen miteinander, Nachbarn, Original vom Comicstrip gleichen Names von Arthur R. "Pop" Momand, 1913-1940). [4]
Außerdem sollte nicht mit Rabatten, sondern mit einem Bonus geworben werden, weil die so zu bewerbende relative Zahl größer ist. Ferner können Pakete von Produkten so geschnürt werden, dass sie nicht zu der Anzahl an V-Bucks passen, die ein Spieler erwerben kann. So bleibt immer ein gewisser "Rest" übrig, wodurch Spieler neue V-Bucks kaufen, um auch diesen Rest ausgeben zu können.
Skins zum Preis von 800 bis 2.000 V-Bucks
Ein Aspekt bei den Geschäftsmodellmustern, die an der Europa-Universität Viadrina untersucht worden sind, ist darüber hinaus die sogenannte „Money Illusion“. Wie bereits angemerkt, können Spieler für Echtgeld die Ingame-Währung V-Bucks erwerben. Der Preis für V-Bucks entspricht nicht dem realen Gegenwert von Dollar oder Euro, sondern ist in der Höhe der Zahl über der Realwährung angesiedelt. So erhält man beispielsweise für 9,99 Euro ganze 1.000 V-Bucks oder 4.000 V-Bucks + 1.000 Bonus-V-Bucks für 32,99 (s. Bild, mit abgebildeten Münzen, was an die alten mit Münzen zu bezahlenden Arcade-Automaten erinnert, als man noch "Pong" oder "Space Invaders" in der Spielhalle spielte).
Auf diese Weise verlieren die Spieler den Bezug zum Gegenwert der V-Bucks zur Realwährung, also dem echten Geld. Einerseits, weil der suggerierte Gegenwert in V-Bucks deutlich höher ist als das Echtgeld. Andererseits, weil das Umrechnen von V-Bucks in Echtgeld nicht immer ganz einfach ist.
Klage gegen Epic Games in den USA
Nun ist vor dem Hintergrund dieser "Money Illusion" Anfang 2021 in den USA eine Klage gegen Epic Games, den Hersteller von Fortnite eingereicht worden (s. Artikel auf Top Class Action - Helping Rights Consumer Wrongs, amerikanische Verbraucherschutzorganisation). [5] Als Grundlage dient die bereits erörterte Untersuchung der Europa-Universität Viadrina.
Kindern ist es möglich im Ingame-Shop von Fortnite virtuelle Gegenstände gegen V-Bucks zu erwerben, die wiederum für Echtgeld zu erwerben sind. Vor allem Kinder seien empfindlich für die "Money Illusion", weil sie noch viel weniger als Erwachsene dazu in der Lage seien, das Verhältnis von V-Bucks zu Echtgeld richtig einzuschätzen. Darüber hinaus können Kinder ganz ohne nachvollziehbare Zustimmung der Eltern Geld in Fortnite ausgeben.
Ob und inwieweit die Klage Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Eines ist aber jetzt schon gewiss: Geschäftsmodelle von Computer- und Videospielen stellen die Gesellschaft, Eltern, das Recht und die Politik vor neue Herausforderungen. Eine gesetzliche Einschränkung des Geschäftsmodells würde die gesamte F2P-Branche (be)treffen.
Hier die Klageschrift als PDF (Northern District of California, ONE LLP vs. EPIC GAMES) zum Download, in der die wissenschaftliche Untersuchung von Schöber, Timo und Stadtmann, Georg auf Seite 6 als Fußnote erwähnt wird.
Kommentar
Nicht nur Fortnite, zahlreiche weitere F2P-Titel agieren mit einem identischen Geschäftsmodell (s. Bild, Clash of Clans-Shop von Supercell, 14.000 Juwelen für 109,99 Euro).
Timo Schöber formuliert als Wissenschaftler mit seinem Doktorvater Prof. Dr. Georg Stadtmann ein "Paper" und in den USA sitzt eine Anwaltskanzlei, die zwei komplette Seiten dieser wissenschaftlichen Veröffentlichung kopiert, um daraus eine Klageschrift zu "formulieren". Wie steht es hier eigentlich mit dem geistigen Eigentum? Das Urheberrecht ist eindeutig geregelt. Könnten die beiden Autoren jetzt nicht die US-Anwälte verklagen, weil diese sich für den Text gar keine Nutungsrechte eingekauft haben? Schließlich geht es mal wieder um viel Geld, Juwelen, Rubine, V-Bucks und so da müssten die auf Drittmittel so dringend angewiesenen Spielforscher vom Gameskuchen jedenfalls auf diesem Wege mal etwas abbekommen, meint JJ ;)
[1] Vgl. Netzwelt, https://www.netzwelt.de/news/175066-fortnite-umsatz-2019-gigantischweit-candy-crush-pokmon-go.html [14.02.2021].
[2] Vgl. Europa-Universität Viadrina, https://www.wiwi.europa-uni.de/de/forschung/publikationen-projekte/dp/2020.html [14.02.2021].
[3] Vgl. Stadtmann, Georg; Schöber, Timo: Fortnite: The Business Model Pattern Behind the Scene, https://www.wiwi.europa-uni.de/de/forschung/publikationen-projekte/dp/_dokumente/415_Schoeber_Stadtmann.pdf [14.02.2021].
[4] Vgl. Christen, Markus; Morgan, Ruskin: Keeping Up With the Joneses: Analyzing the Effect of Income Inequality on Consumer Borrowing, https://link.springer.com/article/10.1007/s11129-005-0351-1 [14.02.2021].
[5] Vgl. Top Class Action, https://topclassactions.com/lawsuit-settlements/consumer-products/video-games/1008686-epic-games-maker-of-fortnite-manipulates-kids-parents-claim/ [14.02.2021].